Lorazepam - Anwendung, Wirkung, Nebenwirkungen | Gelbe Liste (2024)

Lorazepam gehört zu den Benzodiazepinen und wirkt angst- und spannungslösend sowie schlaffördernd.

Anwendung

Lorazepam zählt zu den sogenannten mittellangwirksamen Benzodiazepinen. Es wirkt beruhigend, angst- und spannungslösend und schlaffördernd. Deshalb wird es unter anderem zur symptomatischen Kurzzeitbehandlung eingesetzt. Aufgrund seiner langen Wirkdauer eignet sich der Wirkstoff bei Schlafstörungen vorrangig bei Durchschlafproblemen. Es kann aber auch zur Behandlung von Unruhestörungen, speziell Panikattacken, verwendet werden. Im Gegensatz zu Antipsychotika und Antidepressiva ist es zudem antikonvulsiv und wird bei Status epilepticus eingesetzt. Als Muskelrelaxanz und bei Unwohlsein und Erbrechen findet Lorazepam ebenfalls Anwendung.

Vor und nach diagnostischen und operativen Eingriffen kann Lorazepam als Tranquilizer und Anxiolytikum fungieren, um zu beruhigen oder die Anästhesie einzuleiten.

Wirkmechanismus

Lorazepam ist ein Benzodiazepin-Agonist. Seine Zielstrukturen sind, wie bei den meisten Benzodiazepinen, GABA (Gamma-Amino-Buttersäure)-Rezeptoren im zentralen Nervensystem. Dort bindet es an eine spezifische modulatorische Stelle des Rezeptors. In der Folge wird der hemmende Effekt des Neurotransmitters GABA verstärkt.

Gleichzeitig öffnen sich in der Zellmembran befindliche Chloridionen-Kanäle. Die Zellmembran hyperpolarisiert, die Transmission von Signalen in den Nerven sinkt und mit ihr die Erregung der Nerven. Abhängig von der Dosierung ändert sich die Wirkung auf das zentrale Nervensystem. In niedrigen Dosen wirkt Lorazepam vor allem beruhigend und angstlösend. Durch Steigerung der Dosis entsteht zusätzlich ein muskelrelaxierender Effekt. Wird die Dosis noch weiter erhöht, wirkt Lorazepam schlafanstoßenden bis schlaferzwingenden. In sehr hoher Dosierung kann Lorazepam vor allem intravenös eingesetzt werden, um den Status epilepticus zu unterbrechen.

Pharmakokinetik

Lorazepam wird bei oraler Gabe gut absorbiert und hat eine hohe Bioverfügbarkeit von 90%. Bei intramuskulärer Gabe wird es vollständig und schnell absorbiert. Die maximale Plasmakonzentration ist bei oraler oder intramuskulärer Gabe nach etwa drei Stunden erreicht. Der Großteil des Wirkstoffs liegt an Plasmaproteine gebunden vor. Die Plasmahalbwertzeit beträgt 11 bis 18 Stunden.

In der Leber wird der Wirkstoff mit Glucuronsäure konjugiert. Der daraus entstehende inaktive Metabolit wird vorrangig über die Nieren ausgeschieden. Ein kleiner Teil kann auch über den Stuhl eliminiert werden.

Dosierung

Lorazepam wird zumeist oral als Tablette verabreicht, kann aber auch intramuskulär oder intravenös gespritzt werden. In Tablettenform ist es mit 0,5 mg, 1 mg und 2 mg erhältlich, als Injektionslösung mit 2 mg oder 4 mg.

Die Dosierung ist abhängig vom Behandlungsgrund und der Schwere der Krankheit. Die Dosis sollte so niedrig wie möglich angesetzt werden und die Behandlung so kurz wie möglich sein. Die Tagesdosis in Tablettenform beträgt in der Regel 0,5 mg bis 2,5 mg Lorazepam. Sie kann als einmalige abendliche Dosis verabreicht werden oder auf zwei bis drei Einzeldosen verteilt. In Einzelfällen kann die Tagesdosis bis auf maximal 7,5 mg erhöht werden. Dabei sollten jedoch alle Vorsichtshinweise sorgfältig beachtet werden. Patienten mit akuten psychiatrischen Symptomen können zwischenzeitlich im Kliniksetting kurzzeitig über intravenöse oder intramuskuläre Injektionen mit 0,05 mg pro Kilogramm Körpergewicht behandelt werden. Die bevorzugte Darreichungsform sollten jedoch Tabletten sein.

Sedierung

Soll eine Sedierung vor oder nach diagnostischen oder operativen Eingriffen mit Lorazepam erfolgen, sollte am Vorabend des Eingriffs 1 mg bis 2,5 mg des Wirkstoffs gegeben werden und bzw. oder gegebenenfalls etwas ein bis zwei Stunden vor dem Eingriff 2 mg bis 4 mg. Erfolgt die Gabe intravenös, wird ein Richtwert von 0,044 mg pro Kilogramm Körpergewicht 15 bis 20 Minuten vor dem Eingriff angesetzt. Auch hier gilt eine Höchstdosis von 4 mg. Intramuskulär erfolgt die Gabe mindestens zwei Stunden vor der Operation und sollte mit 0,05 mg pro Kilogramm Körpergewicht berechnet werden.

Status epilepticus

Tritt ein Status epilepticus auf, können bei Patienten ab 18 Jahren 4 mg Lorazepam langsam intravenös inji*ziert werden. Die Injektionsgeschwindigkeit sollte 2 mg pro Minute betragen. Kann der Anfall so nicht unterbrochen werden oder tritt innerhalb der nächsten 10 bis 15 Minuten erneut ein Anfall auf, kann die Behandlung wiederholt werden. Eine Maximaldosis von 8 mg Lorazepam innerhalb von 12 Stunden sollte jedoch nicht überschritten werden. Vorgeschriebene Verdünnungsvorgänge hängen von der Dosierung ab und sind der jeweiligen Packungsbeilage zu entnehmen.

Kinder

Bei Kindern beträgt die Einzeldosis 0,5 mg bis 1 mg, sollte aber eine Höchstdosis von 0,05 mg pro Kilogramm Körpergewicht, unabhängig vom Behandlungsgrund, nicht überschreiten.

Ältere und geschwächte Patienten

Bei älteren oder geschwächten Patienten muss die Tagesgesamtdosis halbiert werden, bei Patienten mit leichter, mittelgradiger oder hoher Leber- oder Niereninsuffizienz noch weiter. Dies gilt besonders für intravenöse Gaben.

Nebenwirkungen

Im Folgenden sind Nebenwirkungen von Lorazepam nach ihrer Häufigkeit aufgelistet.

Sehr häufig:

  • Sedierung
  • Müdigkeit
  • Benommenheit.

Häufig:

  • Bewegungs- und Gangunsicherheit (Ataxie)
  • Verwirrtheit
  • Depression bzw. das Hervortreten einer bereits vorhandenen Depression
  • Schwindelgefühl
  • Muskelschwäche
  • Mattigkeit.

Gelegentlich:

  • Änderungen des geschlechtlichen Verlangens
  • Impotenz
  • verminderter org*smus
  • Übelkeit.

Wechselwirkungen

Wird Lorazepam gleichzeitig mit anderen Medikamenten gegeben, kann es zu einer Wirkungs- oder Nebenwirkungsverstärkung kommen. Dies trifft vor allem auf Opioide zu. Bei gleichzeitiger Gabe kann es zu verstärkter Schläfrigkeit, beeinträchtigter Atmung und Koma bis hin zu Todesfolgen kommen.

Auch mit Benzodiazepinen können sich Nebenwirkungen verstärken und die Suizidgefahr erhöht werden.

Des Weiteren sind Wechselwirkungen für folgende Arzneimittel und Substanzen bekannt:

  • Psychopharmaka
  • Schlaf-, Beruhigungs- und Narkosemittel
  • Betablocker
  • Antihistaminika
  • Antiepileptika
  • Muskelrelaxanzien
  • Schmerzmittel
  • Clozapin => ausgeprägte Dämpfung, übermäßiger Speichelfluss und Störungen der Bewegungskoordination
  • Valproinsäure => erhöhte Konzentration von Lorazepam im Blut; Reduktion von Lorazepam notwendig
  • Probenecid => schnellerer Wirkungseintritt und verlängerte Wirkung
  • Theophyllin und Aminophyllin => abgeschwächte Wirkung von Lorazepam
  • Alkohol.

Kontraindikation

Lorazepam darf nicht verabreicht werden bei folgenden Konditionen:

  • bekannte Allergien gegen Lorazepam oder andere Benzodiazepine sowie weitere Bestandteile der Darreichungsform
  • bestehende oder zurückliegende Abhängigkeitserkrankung
  • Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (nur in dringend erforderlichen Situationen)
  • Schwangerschaft.

In vielen Fällen sollte Lorazepam nur nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt, erfolgter Risiko-Nutzen-Abwägung und Vorsicht gegeben werden:

  • Myasthenia gravis
  • spinale und zerebellare Ataxien
  • akute Vergiftung mit Alkohol oder zentraldämpfenden Arzneimitteln
  • Atemfunktionsstörungen
  • Schlafapnoe-Syndrom
  • chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen
  • Nieren- oder Leberfunktionsstörungen
  • Herzinsuffizienz
  • Hypotonie.

Schwangerschaft/Stillzeit

  • Lorazepam sollte während der Schwangerschaft und in der Stillzeit nicht eingenommen werden.
  • Muss Lorazepam während der Stillzeit gegeben werden, wird eine ärztliche Überwachung des Säuglings empfohlen.

Verkehrtstüchtigkeit

Da Lorazepam die Reaktionsfähigkeit beeinflusst, dürfen in den ersten Tagen der Behandlung weder Fahrzeuge noch Maschinen bedient werden. Auch eine Teilnahme am Straßenverkehr ist nicht möglich.

Wichtige Hinweise

  • Eine Lorazepam-Therapie birgt ein hohes Risiko für die Entwicklung einer Abhängigkeit.
  • Zu Beginn der Behandlung sollte der Patient regelmäßig kontrolliert werden, um möglichst frühzeitig zu bemerken, wenn es zu Überdosierungen kommt.
  • Wird Lorazepam zur Schlafförderung eingesetzt, sollte ausreichend Schlafzeit, etwa sieben bis acht Stunden, eingeplant werden.
  • Paradoxe Reaktionen unter Lorazepam treten besonders bei Kindern und älteren Personen auf.

Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.

Alternativen

Je nach Indikationsstellung können sich andere Benzodiazepine zur Behandlung eignen.

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Author: Aron Pacocha

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